Bericht Landshuter Zeitung vom 02.09.2020

Vor sieben Wochen stand die Halle in Altheim noch leer. Jetzt fertigen dort auf 1400 Quadratmetern 53 Mitarbeiter Schutzmasken für die Bundesregierung. 14 000 Exemplare im FFP2-Standard schafft ein Arbeiter pro Schicht. Doch die Geschäftsführer wollen mehr: mehr Maschinen, mehr Arbeiter, mehr Masken.

Sabahattin Incekalan steht vor seinem Büro am Geländer und schaut unten auf die Halle. Sieben Maschinen, drei davon produzieren OP-, die anderen FFP2-Masken. Bei der Schlüsselübergabe Mitte Juli war die Halle leer, jetzt ist sie schon zu klein. Vor dem Geländer stapelt sich in drei Lagen das Material, im Lager stehen palettenweise Masken verpackt werden sie in der Halle in einem Kleineren Raum daneben. „Das komm mir immer noch unwirklich vor“, sagt der 33-jährige Unternehmer. Seit vier Uhr früh ist er in der Firma, um 19 Uhr bringt er die Kinder ins Bett, danach fährt er noch mal nach Altheim. Die Tage sind lang, obwohl er sich mit den anderen Geschäftsführern Volkan Akoglu und Orhan Söhmelioglu abwechselt.

Die drei haben an der Ausschreibung der Bundesregierung teilgenommen, 14 Millionen Masken müssen sie jetzt mit ihrer Firma SWS-Medicare monatlich liefern. 2,9 Millionen Euro haben die Jungunternehmer in die Maschinen investiert, etwa 400 000 Euro brutto kostet eine. In weniger als acht Wochen habe der Hersteller Ruhlamat die erste Anlage geliefert, erzählt Söhmelioglu. Deshalb haben die Jungunternehmer schon zwei Wochen nach der Schlüsselübergabe die erste selbst hergestellte Maske die Produktion. Ab diesem Zeitpunkt geht es rund – parallel haben Söhmelioglu und Co. Nämlich in einer anderem Produktionststätte Muster fertigen und diese zertifizieren lassen. Das Geschäftsfeld ist Neuland, die Altheimer Firma leistet Pionierarbeit, die nächste große Produktionsstätte zertifizierter Masken sei in Stuttgart. „Wir justieren täglich nach“, sagt Incekalan

 

Die Bundesregierung bestimmt den Zielort

Anfang schafft ein Mitarbeiter an einer der FFP2-Maschinen 8000 Masken in einer Schicht, inzwischen ist man laut Söhmelioglu bei 14000 angelangt – ein Lernprozess, den die Verantwortlichen gemeinsam mit ihrem Mitarbeitern vorantreiben. Sind Stoffrollen, Gummibänder und Nasenklammern erstmal in die FFP2-Produktionsstrecke eingefädelt, spuckt die Maschine 40 Masken in der Minute aus. Danach wird per Hand sortiert – zehn Masken in eine Tüte, drei Tüten in eine Schachtel, 60 Schachteln in eine Kiste, 16 Kisten auf eine Palette. Macht 17280 Masken pro Palette, 33 davon passen auf einen Lastzug. SWS-Medicare schickt die Masken gesammelt dorthin, wo die Bundesregierung sie haben will. Was danach passiert – ob die Masken gehortet oder verteilt werden – wissen die Unternehmer nicht.

Obwohl die Firma genügend Masken produziert, sind die Kapazitäten nicht ausgeschöpft: Bis zu 57600 Masken könne eine FFP2-Anlage in 24 Stunden produzieren, die Maschinen für die weniger aufwendigen OP-Masken sogar das doppelte. Deshalb wissen die Chefs schon jetzt, dass in wenigen Monaten weitere 20 Angestellte in Altheim arbeiten werden. Uns das, obwohl es schon jetzt Pläne gibt, die Produktion zu automatisieren. Bald soll ein Förderband die FFP2-Masken einsammeln und verpacken. Die OP-Masken aus den drei Maschinen wird ein Roboterarm sortieren Schon ab nächster Woche testet die Firma in einer eigenen Prüfmaschine ihre Produkte.

 

Masken werden zum Alltag gehören“

Die Zeichen stehen also auf Expansion. Dafür braucht es Mut und „Eier“, sagen die Verantwortlichen. Vor allem aber eigene Firmenflächen, die aktuellen Räumlichkeiten gehören einer anderen Firma. Bei der Stadt Landshut haben die Unternehmer deshalb schon angefragt, dort wollen sie am liebsten hin. Auf Antwort warten sie noch.

53 Angestellte werkeln vor Ort, viele davon haben während Corona ihren Job verloren – und bei dem jungen Unternehmen einen neuen gefunden: „Das ist eine Chance, aber wir sind eben auch für 53 Familien verantwortlich“, sagt Incekalan.

Deshalb planen die Verantwortlichen auch über 2021 hinaus – denn nur so lang laufen die Verträge mit der Regierung, danach muss sich die Firma in der freien Wirtschaft behaupten. Sorgen machen sich die Geschäftsführer keine, sie bauen auf die Zukunft: „Masken werden zum Alltag gehören.“

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